Seit einer Novelle vor zwei Jahren räumt das Niedersächsische Denkmalschutzgesetz dem öffentlichen Interesse an der Errichtung von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien im Regelfall Vorrang vor dem Interesse am unveränderten Erhalt eines Baudenkmals ein. Die Genehmigung von Photovoltaik-Anlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden wurde dadurch deutlich erleichtert.
Für die Niedersächsische Sparkassenstiftung Grund genug nachzufragen, wie sich diese Änderung auf die Praxis der Denkmalpflege in Niedersachsen ausgewirkt hat – im Rahmen einer Podiumsdiskussion, bei der am 5. August 2024 vor rund 140 Besucherinnen und Besuchern im Sparkassenverband Niedersachsen Dr. Christina Krafczyk (Präsidentin des Niedersächsischen Landesamts für Denkmalpflege), Ralf Meister (Landesbischof der ev.-luth. Landeskirche Hannovers), Gerhard Krenz (Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen) und Lothar Tabery (BauKulturLand zwischen Elbe und Weser e.V.) über „Photovoltaik vs. Denkmalschutz? Kulturerbe in der Energiewende“ diskutierten. Es moderierte Conrad von Meding, Redakteur für Stadtentwicklung und Architektur bei der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung.
Zum Auftakt hob in einem Grußwort der Niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kultur Falko Mohrs hervor, dass nach der neuen Rechtslage PV-Anlagen auf Baudenkmalen im Regelfall zu genehmigen seien. Die verwendeten Systeme müssten dabei nur wenige grundsätzliche ästhetische Anforderungen erfüllen und etwaige zusätzliche Auflagen der Behörden dürften nicht zur Unwirtschaftlichkeit der Maßnahme führen. Dass dies jedoch nur der Ausgangspunkt für die Aushandlung von denkmalgerechten, optisch ansprechenden und baukulturell wertvollen Lösungen darstellt, zeigte sich anschließend in den Beispielen für realisierte PV-Anlagen auf historischen Gebäuden, mit denen Moderator von Meding eine „optische“ Grundlage für die Podiumsdiskussion lieferte.
„Photovoltaik und Denkmalschutz: Ja oder nein?“ Auf von Medings prononcierte Eingangsfrage zeigten sich auf dem Podium bereits unterschiedliche Haltungen, von eindeutiger Zustimmung (Ralf Meister) bis zu begründeten Vorbehalten (Christina Krafczyk). Gerhard Krenz betonte, dass aktuell „jedes Dach“ zur Energieerzeugung benötigt werde, um den mangelnden Fortschritt bei der energetischen Sanierung („Wir kommen mit dem Dämmen nicht hinterher!“) auszugleichen. Es komme nun darauf an, die bestmöglichen Lösungen zu finden. Dem schloss sich Lothar Tabery durchaus an, unterstrich aber vor allem die baukulturelle Dimension. PV-Anlagen auf Baudenkmalen legten das grundsätzliche Problem offen, dass allgemeine Gestaltungsgrundsätze für historische Gebäude, Straßen- und Stadträume fehlten.
Aktuell erhielten, so Krafczyk, 98 % der beantragten PV-Anlagen eine Genehmigung durch die Denkmalschutzbehörden. Gleichzeitig sei der Druck spürbar, proaktiv Daten zu liefern, welche Baudenkmale überhaupt geeignet seien für Photovoltaik (aktuelles Projekt „Ressource Denkmal-Dach“). Laut Meister prüfe man aktuell auch in der Landeskirche zentral die Dächer kirchlicher Gebäude auf ihre Eignung für PV, um die Gemeinden bei anstehenden Investitionsentscheidungen zielgenau beraten und unterstützen zu können. Aus dem Publikum, das sich rege an der Diskussion beteiligte, wurde vor allem der Wunsch geäußert, dass mehr Anreize für gemeinschaftliche bzw. genossenschaftliche Lösungen geschaffen werden müssten.
Damit war das Kernproblem angesprochen, das auch die Debatte auf dem Podium prägte: Dringend erforderlich sei eine intensivere Kommunikation aller, die am „System Denkmalpflege“ beteiligt sind – Sammlung von Best-Practice-Beispielen, öffentliche Debatten über Baukultur und Denkmalpflege, Schaffung und Stärkung von Netzwerken. Erst dieser Austausch ermögliche, dass PV-Anlagen optimal auf die betreffenden Baudenkmale abgestimmt werden können und dass zugleich Konsens darüber hergestellt werden könne, herausragende Baudenkmale – wie aus dem Publikum vehement der Landesarchäologe Henning Haßmann forderte – von solchen Eingriffen freizuhalten.